Vatersein – Wie geht das?

kjd. Seit rund zehn Jahren erkunde ich bewusst meine weibliche Seite. Damals wurden die Abstände zwischen meinen Panikattacken so klein, dass es kaum mehr ’normale Tage‘ gab. Mir wurde klar: So geht es nicht weiter und ich brauche Hilfe. Wenn ich meine Notizbücher aus dieser Zeit lese, muss ich schmunzeln. Wie liebevoll mich meine Therapeutin an das Thema herangeführt hat: „Es gibt Menschen, die sind im Kern eher wunderbare Steine … und andere sind mehr von den Qualitäten des Wassers erfüllt …“ Meine innere Natur kennenzulernen und mein Leben in Übereinstimmung damit zu gestalten, das wurde meine wichtigste Aufgabe. Mit dem Mutterwerden eröffneten sich mir weitere Universen zur Selbstentdeckung.

Diesen Sommer ist mir plötzlich aufgefallen, dass ich mit hoher Aufmerksamkeit Väter und Vaterfiguren beobachte. Es dauerte einige Tage, bis mir der Grund dafür klar wurde: Ich will lernen, wie das geht! Meinem inneren kindlichen Anteil Mutter und nun auch Vater sein, das scheint mir ein wesentlicher Schritt, um ganz in meine Eigenverantwortung zu treten. Es ist auch eine Voraussetzung, um meinen Sohn als kraftvolle Mutter – mit krafvollem Vateranteil – zu begleiten.

Ich gehe davon aus, dass die meisten Menschen Yin und Yang Qualitäten in sich vereinen. Eine Zuordnung kann für gewisse Zwecke hilfreich sein, aber auch irritieren und vom Wesentlichen ablenken. Folgende Sammlung von Wahrnehmungen hat nicht den Anspruch ‚das Männliche‘ zu beschreiben. Sie entstand spontan und ist weder abschliessend noch abgeschlossen.

Ausdrücke von Vaterkraft, die ich beobachte und von Herzen wertschätze

  • Ermutigen, es – nochmal – zu versuchen. Mit hilfreichen Hinweisen an der Seite bleiben, die Selbstermächtigung begleiten. Den Glauben daran halten, dass das Gegenüber es schaffen / lernen kann. Eine freundliche und humorvolle Art, die Menschen auf ihr Entwicklungspotential hinzuweisen.
  • Eine Grundstimmung von Gelassenheit. Höchste Konzentration und Fokus, wenn die Situation es erfordert. Volle Präsenz und Aufmerksamkeit auch für feine Veränderungen und die Wechselnatur des Weiblichen.
  • Die Bereitschaft bei sich selbst ganz genau hinzuschauen. In die Stille gehen und sich radikal ehrlich reflektieren. Im Alltag immer wieder zum eigenen Kern finden. Authentisch sein mit sich und anderen, sich offen zeigen. Die eigene Verletzlichkeit mit Stärke umsorgen.
  • Echtes Interesse für die Anliegen und Fragen des Kindes. Wirklich verstehen wollen, was im Sohn / in der Tochter gerade passiert, auch wenn es vielleicht fremd erscheint. Unaufdringliches Nachfragen.
  • Nahbar und zugänglich sein, ansprechbar bleiben – ganz besonders in schwierigen Situationen. Aktives Mitgestalten bei der Lösungsfindung. Feedback annehmen. Sich entschuldigen, Misstritte zeitnah und auf direktem Weg in Ordnung bringen.
  • Spontane, impulsartige Einsätze, wo es den Vater gerade braucht – emotional und lebenspraktisch. Er erlebt dies selbst als kleine Alltagsabenteuer.
  • Sich treu bleiben. Zeiträume schaffen für persönliche Prioritäten. Sport!
  • Positive Strahlkraft und natürliche Autorität. Leadership, der von Grosszügigkeit, Klarsicht und Lebensnähe getragen wird. Schutz bieten. Grenzen liebevoll und transparent setzen.

Es bleibt mir, meinen Inspiratoren zu danken für ihr kraftvolles Sein und Wirken – und für mich nächste konkrete Schritte in Richtung Ganzheit zu gehen.

Beitragsbild von Caleb Jones auf Unsplash


Kim Jana Degen hat 2017 gemeinsam mit Jeannine Brutschin momo&ronja gegründet. „Wir begleiten Menschen auf dem Herzensweg. Mit momo&ronja legen wir Wert auf das Zusammenspiel von innerem und äusserem Wandel. Unsere tiefe Verbundenheit mit der Natur findet Ausdruck in konkreten Angeboten und Projekten.“


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